
Zum Andenken an
Dr. Andreas Mehringer
* 10. März 1911
† 21. Dezember 2004
„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiß an jedem neuen Tag.“
– Dietrich Bonhoeffer
Dr. Andreas Mehringer war ein Mensch, der Dinge auf den Punkt gebracht hat, der sie in Worte fassen und anderen vermitteln konnte.
Was hat er über Heime und „Heimkinder“ in seinem gleichnamigen Buch gesagt?
„… Heimkinder – das Wort ist sprachlich paradox. Die Kinder, die wir damit meinen, sind
solche, die eben kein Heim haben. Und wenn wir die Hilfseinrichtungen für diese Kinder einfach „Heim“ nennen, so geschieht das sicher oft leichtfertig. Wie schwer es ist, das Wort Heim wahr zu machen, habe ich selbst erlebt. Ich habe nach dem Krieg lange das Münchener Waisenhaus geleitet. Wir sind auf dem Weg von der Anstalt zum Heim einen Schritt vorangekommen“
Herr Mehringer hat mit seinen Worten die Dinge ins richtige Licht gerückt, sie denen vor Augen gehalten, die sie sehen mussten, und so sie auch für die Öffentlichkeit wichtig und erfahrbar gemacht.
Er hat viele Entwicklungen der Heimerziehung vorausgesehen und Vorsorge getroffen für Menschen wie uns, damit wir im Verein Freunde der Waisenkinder in seinem Sinne für die Heime und ihre Bewohner weiterarbeiten können.
Auch hierzu ein kurzes Zitat aus seinem Buch:
„… Jedes Heim ist angewiesen auf Verständnis und Hilfe nicht nur seines Trägers, sondern der weiteren Umgebung. Ein probates Mittel, um die Bereitschaft vieler Freunde zum Mittragen und zur Hilfe im Einzelfall zu gewinnen, ist die Gründung eines offiziellen Freundeskreises … Und die ideelle Rückenstärkung heute? Braucht sie die Heimerziehung noch? Ja – und wie! Die Vorurteile gegen Heime im Ganzen sind nur teilweise abgebaut. Neue kommen hinzu – und man muss fürchten, dass in Unkenntnis der wirklichen Vorgänge einige Vorurteile immer bleiben werden; denn auf der Suche nach einem Sündenbock für das Scheitern von jungen Menschen erweist sich das Heim immer wieder als willkommener Fund. Und die einzelnen Heime, die sich bemühen, für Kinder da zu sein, stehen heute wieder vor anderen Schwierigkeiten, auch örtlich bedingten … sie brauchen Freunde …“
Herr Mehringer musste oft furchtlos sein, um solche Dinge zu sagen und publik zu machen, er musste seine Angst zurückhalten und Mut beweisen. Er musste über den eigenen Schatten springen. Der Schriftsteller Ulrich Schaffer hat in seinem Text „Auf dem Weg aus der Angst“ hierfür die passenden Worte gefunden:
„… Und wenn ich schweige, dann will ich es tun, weil ich liebe, und nicht aus Angst vor der Wirkung meiner Worte …
Ich will mich nicht verbiegen, weil ich Angst habe, sonst nicht liebenswürdig zu sein. Ich will anderen nicht etwas vorschreiben aus Angst, sie könnten mir etwas vorschreiben. Aus Angst vor dem Fehler machen will ich nicht tatenlos werden.
Ich will nicht wieder in das Alte, Unlebbare fliehen aus Angst, mich in dem Neuen nicht zurechtzufinden.
Ich will mich nicht wichtigtun, weil ich Angst habe, sonst übersehen zu werden …
Aus Überzeugung und Liebe will ich tun, was ich tue, und lassen, was ich lasse …“
Diese Worte beschreiben den Menschen Andreas Mehringer und sein Lebenswerk für Kinder, Jugendliche und Ehemalige, die nicht in der Geborgenheit der eigenen Familie aufwachsen durften – insbesondere, wenn sie im Münchner Waisenhaus gelebt haben. Dr. Mehringer hat in ihrem und in seinem Sinne viel für sie getan und die Heimerziehung in München und ganz Deutschland vorangebracht und Bewegung in die Herzen so mancher Wegbegleiter und Mitmenschen …
Papst Johannes der 23. – und mit seinen Worten möchte ich schließen – hat die Grundvoraussetzung eines Menschen, der so handeln und leben konnte, in folgendem Zitat zusammengefasst:
„… heute, nur heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben mich an allem zu freuen, was schön ist, und an die Güte glauben …“
Im Namen aller Vereinsaktiven
Petra Krense
1. Vorsitzende Verein der Waisenkinder e.V.