Der Verein "Freunde der Waisenkinder e.V." wurde im Dezember 1949 auf Initiative von Dr. Andreas Mehringer, dem damaligen Leiter des Städtischen Waisenhauses München, gegründet. Dieser Freundeskreis und Förderverein für Heimkinder half in einer Zeit, die noch stark vom Wiederaufbau nach dem Krieg geprägt war, unmittelbare materielle Not zu lindern.

Problematische Nachkriegszeit
 
"Die vorhandene Geldnot und die überfälligen Reformen in der Heimerziehung waren der Ausgangspunkt für einige engagierte Menschen, auf der Basis der Ehrenamtlichkeit diesen Verein ins Leben zu rufen. Dabei wurde der Grundsatz vorangestellt, Kindern, die nicht im Schutz und der Geborgenheit der eigenen Familie aufwachsen können – über das Lebensnotwendige hinaus – weitere Hilfen zu geben", heißt es in einer Informationsbroschüre des Vereins aus dem Jahre 1999.

Investitionen für Ferienhäuser
 
Während in den 50er Jahren die Spenden und Beiträge von etwa 2000 Mitgliedern vor allem für Musikinstrumente, Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke, Wandertage und Ferienunternehmungen etc. verwendet wurden, kaufte der Verein im Jahre 1959 (die Mitgliederzahl war inzwischen auf 3500 angestiegen) ein eigenes Ferienheim, das Haus "Grabenstoffl" im oberbayerischen VALLEY. Diese idyllische Anlage dient den Stadtkindern aus dem Waisenhaus, besonders in den Ferien, als Erholungsheim.

Neben dem Haus in Valley pachtete der Verein noch ein ehemaliges sogenanntes "Austragshäusl" im BAYERISCHEN WALD. Dieses Haus in Antersdorf wird heute noch vom Verein instandgehalten und kann von Selbstversorgern für geringe Gebühren gemietet werden.

Räumliche Trennung vom Waisenhaus
 
Seit seiner Gründung 1949 stand dem Verein ein Büroraum im Waisenhaus unentgeltlich zur Verfügung. Aus Kostengründen und wegen Eigenbedarf wurde dieser Raum dem Verein 1996 gekündigt. Mit städtischer Hilfe bekam der Verein einen Raum in der Nachbarschaft des Waisenhauses im Altenheim "Heilig Geist".

Erste Konsequenz aus diesem nicht ganz freiwilligen Umzug: eine Satzungsänderung. Während in der alten Satzung (vor 1996) als Vereinzweck noch ausdrücklich vor allem "die Kinder und Jugendlichen des Städtischen Waisenhauses in München" unterstützt werden sollten, wird in der neuen Satzung ganz allgemein von "Kindern und Jugendlichen aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe" gesprochen.

Treue Mitglieder
 
Bei der Jahres-Mitgliederversammlung 1999 wurde Andreas Mehringer für 50 Jahre Mitgliedschaft zum Ehrenmitglied ernannt und Horst Bahr für 30 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Das Gründungsmitglied Mehringer war bis 1978 Vorsitzender des Vereins.

Horst Bahr löste ihn in dieser Funktion ab und war insgesamt sieben Jahre, bis 1985, an der Spitze des Vereins. Von 1985 bis 1997 hatten der Rechtsanwalt Dr. Ernst Tobias und Dr. med. P. Christian Vogel den Vorsitz inne, bis im Jahre 1997 erneut der inzwischen in den Ruhestand gegangene ehemalige Heimleiter, Horst Bahr, zusammen mit Sepp Sommer, einem ehemaligen "Zögling" zum Vorstand des Vereins gewählt wurde. Seit März 2000 ist Petra Krense 1. Vorsitzende.

Herr Bahr war 53 Jahre Mitglied unseres Vereines, übte in dieser langen Zeit
unterschiedlichste Funktionen darin aus und hat sich immer und überall für unseren Vereinszweck, die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, die nicht in der Geborgenheit der einen Familie aufwachsen dürfen, stark gemacht. Er hat unendlich viel bewirkt, sowohl in der Entwicklung der Heimerziehung, viel mehr aber noch in den Köpfen und Herzen „seiner“ Kinder, Jugendlichen, Ehemaligen, MitarbeiterInnen, Vorgesetzten und Vereinsfreunden.

Herr Bahr war aus tiefstem Herzen ein großer Menschenfreund. Dies bezeugen alle Stationen seines beruflichen und ehrenamtlichen Lebensweges:

Die Arbeit in jungen Jahren in der offenen Jugendarbeit bei den Wanderfalken,
Die Übernahme der Heimleitung des „Schwedenheimes – Rädda Barnen“ –  „Rettet die Kinder“ im    Alter von nur 29 Jahren, mit Sondergenehmigung  des Jugendamtes, gleich nach Beendigung seiner pädagogischen Ausbildung,
seine Lehrtätigkeit an der Fachakademie für Sozialpädagogik in der Ausbildung  weiterer, anderer SozialarbeiterInnen und schließlich die beiden Tätigkeiten, die sein und unser aller Leben am meisten geprägt haben:
Die Leitung des Städt. Waisenhauses München von 1969 – 1993 und sein Engagement – mehr noch das Weitertragen und die Weiterentwicklung des  Vereines Freunde der Waisenkinder e.V. bis zu seinem Lebensende.

Herrn Bahrs vielfältige Tätigkeiten waren nie nur Arbeit, Zeitvertreib oder Beruf – sie waren stets Überzeugung und Berufung. Diese Überzeugung, Selbstverständlichkeit und Sicherheit in all seinem Tun machte sein „unerschütterliches Geschick“ (Herbert Grönemeyer) aus!

„Er konnte für eine Weile alles mit den Augen eines anderen sehen“, aus dem Blickwinkel seines Gegenübers und konnte dies verbinden mit den Erfahrungen der eigenen – alles andere als einfachen – Kindheit und Jugend.

Jeder wollte und konnte mit Herrn Bahr reden, und er konnte mit jedem reden im und um das Waisenhaus herum: Mit dem verängstigsten Kind, mit dem pubertierendsten Jugendlichen, mit den schwierigsten Eltern, mit dem kompliziertesten Mitarbeiter, mit den studierten Amtsleitern und gewieften Geschäftsleuten genauso wie mit den redlichen Handwerkern und den gradlinigen Landwirten…

Herr Bahr hat mit vielen kleinen Ereignissen und Ritualen wie der Paddeltour, dem Treppenhaussingen, dem Ratscher´l im Büro und der gemeinsamen Leberkässemmel so viel Großes bewirkt und wieder Zuversicht und eine Zeit zum Durchatmen in das Leben so vieler Menschen gebracht.

Aber auch vor großen und schwierigen Aufgaben und Veränderungen hat er sich nicht gedrückt. Nur ist er sie eben langsam und Bedacht angegangen, mit Kontinuität und Schritt für Schritt!

Meist im Stillen, ohne große Worte um sein Tun und mit unendliche viel Geduld. So hat er viele Türen für das Waisenhaus und den Verein geöffnet, die Ungeduld und zu großer Tatendrang wohl eher zugeschlagen hätten…

„Tue so viel Gutes wie du kannst und mache so wenig Gerede darüber wie möglich“ (Charles
Dickens)

Weil Herr Bahr nach diesem Leitspruch gehandelt und gelebt hat, werden wir erst künftig merken, wie sehr er uns fehlen wird, wenn all diese kleinen Dinge und schwierigen Aufgaben ungetan bleiben, oder wir sie selbst angehen müssen – ohne seine Unterstützung. Wir werden sein stets offenes Ohr vermissen, seine guten Ratschläge, sein verschmitztes Lächeln, sein Augenzwinkern, seine Geschichten, seine Weisheit und seine Ruhe und Wärme.

Und ganz besonders werden wir diese einzigartige Würde vermissen, mit der er alles bis zum letzten Atemzug getragen und ertragen hat, ohne sich zu beklagen und ohne all zu viel Angst…

Wir können dankbar sein, ihn gekannt zu haben und ein Stück unseres Lebensweges gemeinsam gegangen zu sein und wir sollten in weitertragen in unseren Gedanken und in unseren Herzen…

 

Verbundenheit der "Ehemaligen"
 
Vor allem die ehemaligen Jugendlichen und ErzieherInnen aus dem Waisenhaus unter den noch aktiven Mitgliedern des Vereins wünschen sich wieder eine engere Zusammenarbeit zwischen Verein und der Institution "Waisenhaus". Die Mitgliedschaft im Verein war und ist immer noch für viele "Ehemalige" ein Zeichen von weiterer Verbundenheit mit dem früheren Lebens-, Wohn- oder Arbeitsplatz, dem Münchner Waisenhaus.*

* Anmerkung: Der Artikel und die Bilder stammen aus: Günther Baumann: Das Münchner Waisenhaus. Chronik 1899-1999. München, Buchendorfer Verlag, 1999. Für die Internet-Ausgabe wurde der Text leicht bearbeitet.

"Gründereltern"
 
Aus der "Süddeutschen Zeitung" vom 11. Januar 1950:
"Das ausgedehnte Münchner Vereinsregister ist jetzt um eine weitere Neuschöpfung bereichert worden. Vier Tage vor dem Weihnachtsfest wurde der 'Verein Freunde der Waisenkinder’ ins Leben gerufen, der nach einiger Vorarbeit schon in den nächsten Tagen mit Werbeplakaten in die Öffentlichkeit tritt. Der neugegründete Verein ist unpolitisch, jeder Kinderfreund kann Mitglied werden. Der Jahresbeitrag ist gering (im Mindestfall drei Mark, die in Raten bezahlt werden können)."

Am Gründungstag, 20. Dezember 1949, waren folgende acht Gründungsmitglieder erschienen:

Dr. Elisabeth Bamberger, Leiterin Landesjugendamt
Eberhart Höger, Student
Edmund Juraschek, Student
Dr. Otti Kleiss, Ärztin
Ludwig Koppenwallner, Sportredakteur "Süddeutsche Zeitung"
Dr. Andreas Mehringer, Direktor des Städtischen Waisenhaus
Gotthard Osterhuber, Oberregierungsrat
Dr. Fritz Stippel, Dozent